Bundeswehr ist nicht Teil der Lösung sondern Teil des Problems

Tobias Pflüger, stellvertretender Parteivorsitzender und verteidigungspolitischer Sprecher der Partei Die LINKE, Mitglied im Verteidigungsausschuss des Bundestages, sprach im Büro der Reutlinger Linken in einer öffentlichen Veranstaltung über die aktuelle Situation in Afghanistan.
Pflüger war mit anderen Bundestagsabgeordneten und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen in Afghanistan. Es sei kein Besuch im Lande Afghanistan – sondern in erster Linie ein Besuch bei der Bundeswehr im dortigen Militärlager gewesen. Insofern sei es nicht möglich gewesen, Gespräche mit Menschen vor Ort zu führen.
Vor wenigen Wochen hat der Bundestag mehrheitlich den Bundeswehreinsatz in Afghanistan im Rahmen der Operation „Resolute Support“ verlängert. Die Bundeswehr ist damit seit 2001 (im Rahmen unterschiedlicher Missionen) in dem Land am Hindukusch stationiert. Keine der Einsätze hat bisher eine Verbesserung der Lage der Menschen im Land gebracht, im Gegenteil: die Anzahl der Toten durch Anschläge ist auf einem Rekordhoch, die Taliban kontrollieren 60-80 Prozent des Landes. In Afghanistan seien etwa laut UN 360 000 Menschen auf der Flucht, 3,3 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Allein 2017 kamen 3500 Zivilisten ums Leben.

Das Mandat der Bundeswehr sei es, afghanische Sicherheitskräfte auszubilden, Polizei und Militär. Auf 30 Ausbilder kämen demnächst rund 1300 Soldaten, was ja schon sehr merkwürdig sei, wenn man an dieses Mandat der Ausbildung denke.
Die Polizei werde von der Bundeswehr in erster Linie zum Kämpfen ausgebildet, es gebe keine zivile Polizei, wie wir es kennen. Ca 40 % der Polizei desertierten zu den Taliban.
Die meiste Zeit würden die Bundeswehrsoldaten in ihrem Lager verbringen. Wenn sie einmal raus gehen würden, dann nur um als Begleitpersonal für die afghanischen Sicherheitskräfte und für die Amerikaner zu dienen.
Pflüger berichtete von einer Begegnung mit Vertretern zivilgesellschaftlicher Organisationen, der GIZ, der deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit, der Welthungerhilfe sowie Caritas. Diese waren auf die Bundeswehr nicht gut zu sprechen.
Für die Hilfsorganisationen bedeuten die zivil-militärische Zusammenarbeit und die Unterordnung der Entwicklungshilfe unter politisch-militärische Zielsetzungen eine deutliche Erschwerung und Einschränkung ihrer Arbeit. Sie schaden dem Ansehen und der Glaubwürdigkeit dieser Organisationen als unabhängige und unpar­teiliche humanitäre Akteure. Im Extremfall führe dies dazu, dass Hilfsorganisationen von Teilen der Bevölkerung als Parteigänger des Militärs gesehen und von Aufständischen als vermeintlich legitime Angriffsziele eingestuft werden.
„Hochgradig wahnsinnig“ nannte Pflüger die Haltung der Bundesregierung, nach Afghanistan Flüchtende abzuschieben. Auf der einen Seite werde das Bundeswehrkontingent erhöht wegen der aktuellen Sicherheitslage, auf der anderen Seite werden Menschen von hier aus nach Afghanistan abgeschoben, weil es dort „sicher“ sei. Der Bundeswehreinsatz in Afghanistan mache keinen Sinn und ist gefährlich. Zumal die Taliban das Einstellen von militärischen Handlungen als Voraussetzung für Friedensverhandlungen ansehen. Es gehe der Kriegsallianz in erste Linie um geopolitische Ziele, auch um Rohstoffe wie z.B. „Seltene Erden“.
Pflüger erwähnt auch die afghanische Menschenrechtsaktivistin Malalai Joja.
Aus ihrer Sicht sei die Lage der Frauen so schlecht wie in keinem anderen Land auf der Welt, die USA begingen bis zum heutigen Tag Kriegsverbrechen an der Bevölkerung. Morde, Bombardierung, Folter, gesetzeswidrige und unbegrenzte Inhaftierungen und die Verwendung von gesundheitsschädlichen Chemikalien in Waffen seien nur einige Beispiele. Die Besatzer der USA und der Nato genießen vollständige Straffreiheit für ihre Verbrechen dank einer bilateralen Sicherheitsvereinbarung, die von der afghanischen Regierung und der Regierung der USA unterzeichnet wurde.
Resümee von Pflüger: die Sicherheitslage hat sich weder durch die Anwesenheit der Bundeswehr noch durch die von der Bundeswehr ausgebildeten Kräfte verbessert. Die Bundeswehr ist nicht Teil der Lösung sondern Teil des Problems.
DIE LINKE fordere daher den Abzug der Bundeswehr.

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