Frühjahrsgutachten – der Blick in die Glaskugel

„Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen.“ Dieser Satz wird dem Physiker Niels Bohr zugeschrieben und er trifft besonders auf die Konjunkturprognosen der Wirtschaftswissenschaftler zu. 1,9 % Wachstum des BIP für dieses und zwischen 1,2 bis 2,6 % für das nächste Jahr, sagt die Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnosen in ihrem Frühjahrsgutachten voraus.

Im Konjunkturprognose-Ranking nach Treffsicherheit des Handelsblatts, haben unter den 25 getesteten Prognosen die Gutachten der Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnosen mit Platz 23 am schlechtesten abgeschnitten.

Vor genau einem Jahr rechneten dieselben Ökonomen mit einem Wachstum von 0,8 Prozent für 2013. Tatsächlich herausgekommen ist die Hälfte von 0,4 Prozent.

Fast die gesamte Presse, auch der Reutlinger Generalanzeiger fällt darauf mal wieder herein und verbreitet die frohe Kunde vom steten Aufschwung. Doch statt danach zu fragen, warum sich die Experten ständig irren und selbst korrigieren müssen, hängen die Journalisten an deren Lippen und der Aussicht auf goldene Zeiten.

Was aber regelmäßig in die überflüssigen Gemeinschaftsgutachten hinein geschrieben wird, ist eine neoliberale Botschaft. Widersprüche stören dabei nicht weiter, weil auch Journalisten sie nicht erkennen wollen. Da behaupten die Forscher zum Beispiel, der Aufschwung werde von der guten Binnenkonjunktur, also von steigenden Löhnen und Gehältern getragen. Gleichzeitig halten die Ökonomen eine abschlagsfreie Rente, die, wie der Name schon sagt, prinzipiell ein höheres Einkommen verspricht als eine Rente, die durch Dämpfungsfaktoren gekürzt wird, sowie einen Mindestlohn, der auch ein höheres Einkommen für Menschen darstellt, …für konjunkturelles Gift. Wie kann das sein?

Die Botschaft ist klar. Es geht gar nicht um einen seriösen Ausblick, sondern darum, die Politik unter Druck zu setzen und eine Abweichung vom neoliberalen Glaubensdogma zu unterbinden.

Sie liebe Leserinnen und Leser zahlen mit ihren Steuergeldern die Glaskugelweisheiten von sogenannten Experten, die sich ständig korrigieren müssen und statt Wissenschaft abzuliefern, politische Propaganda betreiben, die ganz im Sinne so mancher Arbeitgeberverbände ist. Klaus Ernst sagte dazu: Da werde „Steuergeld für Ideologie verpulvert“.

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