GEA: »Verhältnisse beschämend«

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Etwa 150 Leute waren zur Kundgebung an der Citykirche gekommen. FOTO: NIETHAMMER

UNTERBRINGUNG – Kundgebung am Nikolaiplatz: Verschiedene Organisationen fordern lautstark angemessenen und bezahlbaren Wohnraum für Flüchtlinge

»Verhältnisse beschämend«

VON ALEXANDER RABE (Reutlinger Generalanzeiger 21.05.2015)

REUTLINGEN. »Wir fordern angemessenen Wohnraum für Flüchtlinge!« Das war die zentrale Botschaft der gestrigen Kundgebung an der Citykirche am Nikolaiplatz, hinter welcher der Kreisverband der Linken, Bündnis 90/Die Grünen, Kulturschock Zelle, die Antifa Reutlingen/Tübingen, das Asylcafé Reutlingen, der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg und das Reutlinger Bündnis für Toleranz und Vielfalt standen.

»Wir wollen laut sein«, war im Aufruf-Flyer zur Kundgebung zu lesen. Und etwa 150 Leute setzten das in die Tat um. Um 17 Uhr versammelten sie sich mit Trillerpfeifen, Trommeln und Transparenten an Ort und Stelle.

»Mehrbettzimmer für immer? Macht die Lage noch schlimmer!«, war auf einem Schild zu lesen. Und auch die Redner am Mikrofon waren klar in ihrer Aussage. Timo Widmaier von der Zelle kritisierte unter anderem die »viel zu kleinen« Mehrbettzimmer der Flüchtlinge, die keine Privatsphäre hätten und nur unzureichende Sanitäranlagen und Kochmöglichkeiten. Dazu gebe es Konfliktpotenzial und es herrsche allgegenwärtige Perspektivlosigkeit. Solche Bedingungen seien für die neu ankommenden Flüchtlinge die Regel.

Die Flüchtlinge sollten nach Meinung Widmaiers und anderer Redner spätestens dann, wenn sie in die Anschlussunterbringung der Stadt wechseln, die Gemeinschaftsunterkunft verlassen können. Die aktuellen Verhältnisse und die Tatsache, dass in Reutlingen auch für Flüchtlinge mit Bleiberecht Mehrbettzimmer in großen Gemeinschaftsunterkünften geplant werden, bezeichnet Wiedmaier als »beschämend«.

Drei Flüchtlinge berichten

Besonders aufmerksam wurde gelauscht, als drei der in der Gemeinschaftsunterkunft im Ringelbach untergebrachten Flüchtlinge das Wort ergriffen. »Unser gesamter Alltag spielt sich in unseren Zimmern ab. Unser einziger Rückzugsraum ist unser Bett«, sagte beispielsweise Simon.

Mustafa sprach das Problem an, dass nicht alle Flüchtlinge die Möglichkeit haben, Deutsch zu lernen. Damit sei diesen Menschen der Zugang zum Arbeitsmarkt verwehrt, die Barriere bei der Suche nach einer eigenen Wohnung sei unüberwindbar. Privatsphäre und erholsamen Schlaf wünschen sich die Männer sehnlichst. Beides haben sie in ihrer aktuellen Situation nicht.

Mark Schäfer vom Asylcafé sprach vom »dauerhaften Ausnahmezustand« in den Gemeinschaftsunterkünften. Das führe zu Schlaflosigkeit, Lethargie, Frustration. »Wir fordern den Gemeinderat und die Verwaltung auf, die Unterbringung menschenwürdig zu gestalten und dafür zu sorgen, dass die Flüchtlinge in Wohnungen leben können.«

Nach einem Redebeitrag von Dennis Bieler vom Flüchtlingsrat Baden-Württemberg war Jessica Tatti an der Reihe, die für die Linke im Gemeinderat sitzt: »Wir haben nicht zu viele Flüchtlinge. Wir haben zu wenig Wohnraum für diese Mitbürger.« Daran müsse sich dringend etwas ändern, schließlich seien Sammelunterkünfte die »schlechtmöglichste Form der Anschlussunterbringung von Flüchtlingen überhaupt«.

Mit kurzen Ansprachen von Grünen-Gemeinderätin Njeri Kinyanjui, eines weiteren Zelle-Mitglieds und Denis Simeonidis vom Reutlinger Integrationsrat zog sich die Kundgebung bis in den Abend hinein. Aufgelockert wurde die Veranstaltung durch die neu gegründete Refugee-Samba/Trommelgruppe. (GEA)

 

Bericht Reutlinger Nachrichten >>>

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