28 Jan Keine Zweideutigkeiten: Flagge zeigen gegen Rassismus und Rechtspopulismus. Die Antwort auf Pegida….
…kann nur eine gesellschaftliche Bewegung für soziale Gerechtigkeit, gelebte Willkommenskultur und echte Demokratie sein!
Heute Abend – 28.01.2015 diskutieren wir ab 19:30 Uhr in der Gaststätte Porto Greco über PEGIDA und AfD.
Beschluss des Parteivorstandes vom 24. Januar 2015:
Wöchentlich versammeln sich nicht nur in Dresden (aber dort mit besonders hohen Teilnehmer*innenzahlen) Menschen unter dem Slogan „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“. Allein dieser Titel macht deutlich, die Mobilisierung von Pegida basiert auf antimuslimischen und damit rassistischen Ressentiments.
Der Zulauf zu Pegida ist zum einen Ausdruck eines auch in der Mitte der Gesellschaft tief sitzenden Rassismus, zum anderen einer inneren Kündigung eines Teils der Gesellschaft gegenüber dem politischen System. Einigen geht es sogar um eine klare Ablehnung demokratischer und parlamentarischer Prinzipien.
Zwar ist es der gesellschaftlichen Rechten auch aufgrund der zahlreichen Gegendemonstrationen bisher nicht gelungen, außerhalb von Sachsen größere Pegida-Demonstrationen zu etablieren. Jedoch ordnen sich die wöchentlichen Dresdner Demonstrationen ein in eine bundesweite, ja europaweite Tendenz: dem erstarkenden Rechtspopulismus sowie einem Kulturkampf von rechts. Sozialen und politischen Errungenschaften, wie der Überzeugung, dass alle Menschen gleich sind und das unabhängig von Herkunft, Geschlecht und sexueller Orientierung, wird von AFD, Pegida und anderen rechtspopulistischen Organisationen der Kampf angesagt.
Gegen Rassismus, gegen Rechtspopulismus sowie gegen die Angriffe auf die Gleichheit aller Menschen gilt es Flagge zu zeigen. Hier gibt es für uns als DIE LINKE keine Zweideutigkeit. Im Umgang mit rechten Demonstrationen entwickeln wir kein pädagogisches Verhältnis, sondern wir demonstrieren dagegen und zeigen klare Kante gegen Rassismus.
Die Pegida-Organisatoren treten auf mit dem Gestus ‚Das muss man ja mal sagen dürfen!‘. Als ob so viel Mut dazu gehören würde, rassistische Ressentiments zu bedienen. Wer nach unten tritt, wie Pegida, ist nicht mutig, sondern feige. Mutig wäre es, eine Politik anzugreifen, die mit Waffenexporten, Stellvertreterkriegen und der weltweiten, brutalen Ausbeutung von Menschen und Ressourcen jenes Elend produziert, das die Menschen zu Flüchtlingen macht.
Wer etwas tun will, gegen die zunehmende Altersarmut, der ist herzlich willkommen. Wer beraten möchte, was getan werden kann, um zu verdeutlichen, dass es Frieden in Europa nur mit aber nicht gegen Russland geben wird, der ist ebenfalls herzlich willkommen. Wer jedoch, wie die Organisatoren von Pegida, Rassismus verbreitet und gegen Flüchtlinge hetzt, mit dem kann es keine Basis für einen Dialog geben. Wer meint, mit den Pegida-Organisatoren sei ein Gespräch möglich, dem sei empfohlen, einen Blick auf die menschenverachtenden und aggressiv rassistischen Facebook-Einträge vom Pegida-Gründer Lutz Bachmann zu werfen. Darin werden Migrant*innen als „Viehzeuch“ und „Gelumpe“ bezeichnet. Diesem Pegida-Gründer mangelt es offensichtlich an jeglichem Respekt vor Menschen. Hier können wir nur eindeutig Flagge zeigen gegen Rassismus und Intoleranz.
Zum Glück gibt es in der Zivilgesellschaft viele Menschen, darunter viele Mitglieder unserer Partei, die bereits konkrete Initiativen im Sinne einer gelebten Willkommenskultur für Flüchtlinge ergriffen haben, sei es durch das Begrüßen am Ankunftstag, das Organisieren von Begegnungen, Schulunterricht und Kinderbetreuung, Sportmöglichkeiten, Begleitung bei Ämtergängen oder die Unterstützung selbstorganisierter Initiativen von Flüchtlingen und Migrant*innen. Der Parteivorstand bedankt sich bei all jenen, die dafür aktiv geworden sind und die die vielen Demonstrationen gegen Rassismus und für Weltoffenheit unterstützen.
Die Teilnahme an Demonstrationen für Weltoffenheit und gegen Rechtspopulismus sowie eine aktive Willkommenskultur halten wir für den richtigen Weg, Demonstrationsverbote und Einschränkungen von Grundrechten hingegen nicht. Die Demokratie kann nicht durch ihre staatliche Einschränkung verteidigt werden. Gerade angesichts eines sich verschärfenden gesellschaftlichen Klimas muss die Demokratie als universelles Versprechen verteidigt und ausgebaut, aber nicht eingeschränkt werden.
In den Debatten über Pegida wird immer wieder die Frage gestellt, ob es nicht auch berechtigte Ängste gibt, auf die die Politik eingehen sollte. Dem ist zu erwidern: Für Rassismus, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und den Angriff auf demokratische Grundwerte gibt es keine Entschuldigung. Jede*r einzelne trägt Verantwortung – aus Abwertung, Ausgrenzung und Demokratieabbau können keine soziale Sicherheit und Gerechtigkeit entstehen, im Gegenteil. Dennoch wissen wir aus der Geschichte, dass kapitalistische Gesellschaften gerade in Krisenzeiten Abstiegsängste und autoritäre Verhaltensweisen hervorbringen. Diese werden in rassistischen, nationalistischen und anti-demokratischen Diskursen verstärkt.
Seit Jahrzehnten nimmt die soziale Spaltung in unserem Land zu. In Folge der Kürzung der gesetzlichen Rente und der Ausweitung eines Niedriglohnsektors sind immer mehr Menschen von Altersarmut bedroht. Existenzangst greift – auch im Zuge des Hartz-IV Sanktionssystems – um sich. In den Kommunen kristallisieren sich die Probleme der Umverteilung von unten nach oben: Verteilungskämpfe nehmen zu, der Demokratie vor Ort werden zunehmend die materiellen Grundlagen entzogen.
Die Agenda 2010 und weitere Einschränkungen sozialer Rechte wurden auch durchgesetzt, indem verschiedene Gruppen der unteren und mittleren Schichten gegeneinander ausgespielt wurden. Diese politisch gewollte soziale Spaltung und die entstehende Entsolidarisierung in der Gesellschaft bilden den Humus, auf dem sich autoritäre Einstellungen ausbreiten können. Wo Existenzangst zunimmt, brutalisiert sich das gesellschaftliche Klima. In solch einer Stimmung haben es Mitmenschlichkeit und Demokratie schwer.
Dafür tragen viele Verantwortung, z.B. die Bundesregierungen der verschiedensten Couleur, von rot-grün über schwarz-gelb bis hin zu schwarz-rot. Ganz sicher nicht verantwortlich für diese unsoziale Entwicklung sind jedoch Flüchtlinge und Muslime, die in Deutschland eine Minderheit bilden. Der Hass, den Pegida sät, der trifft aber zuallererst Muslime, Migrant*innen und Flüchtlinge, die inzwischen Montagsabend in Dresden zunehmend Angst haben, aus dem Haus zu gehen.
Seit dem Beginn des „Kriegs gegen den Terror“ wird das Feindbild Islam
in Leitmedien und von Politikern hochgezogen, um den Abbau von Bürgerrechten durch Überwachungsgesetze zu rechtfertigen. Zudem dient es einigen, um Kriegseinsätze in mehrheitlich von Muslimen bewohnten Ländern wie Afghanistan, Irak und anderswo zu rechtfertigen. An dieser geschürten Stimmung können Rassisten wie die Organisatoren von PEGIDA anknüpfen.
Unsere spezifische Aufgabe als DIE LINKE besteht darin, die Ungerechtigkeiten in diesem Land von links zu thematisieren – die Grenze verläuft nicht zwischen Deutschen und Nicht-Deutschen, nicht zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen, sondern zwischen oben und unten. Wir müssen Ansprechpartnerin und Motor für sozialen Protest sein, damit soziale Ängste nicht von Pegida von rechts besetzt und damit reaktionär gewendet werden.
Auch deshalb machen wir im kommenden Jahr den Kampf gegen die zunehmende Prekarisierung der Arbeits- und Lebensverhältnisse zum Schwerpunkt einer Kampagne. Und auch deshalb unterstützen wir die sozialen Bewegungen, wie Blockupy oder die Mobilisierung gegen den G7-Gipfel, bei ihren Protesten gegen Krisenregime und Spardiktat. Denn: Wenn etwas wirklich Not tut, dann ist das eine ganz andere Bewegung: Nicht eine herbei fantasierte Islamisierung ist das Problem. Wir brauchen eine Bewegung gegen die Prekarisierung, aber ganz bestimmt nicht gegen die Islamisierung des Abendlandes!
Unsere Partei hat in dieser Situation drei Aufgaben, die sich mit gleichberechtigter Dringlichkeit stellen: Erstens die breite Bewegung für Flüchtlingshilfe und Weltoffenheit vor Ort sowie bundesweit zu unterstützen. Zweitens Pegida, dem Rassismus und der Demokratieverachtung in den Köpfen und auf der Straße, durch zivilgesellschaftliche Aufklärungsarbeit und breite Bündnisse entgegen zu treten. Dabei reicht es nicht, allgemeine Appelle für mehr Toleranz zu starten. Es ist auch unsere Aufgabe als LINKE, die Zusammenhänge zwischen einem autoritären Kulturkampf und der neoliberalen Politik offensiv zu thematisieren. Drittens stehen wir vor der Herausforderung, Unbehagen über die sozialen Zustände in diesem Land und über die Krise der Demokratie auf den Punkt zu bringen und dagegen anzugehen. Wir müssen offensiv für Vorschläge streiten, die wirklich geeignet sind, diese zu beheben. Wir rufen unsere Mitglieder und Sympathisantinnen und Sympathisanten auf, weiterhin Initiativen zu unterstützen gegen Rassismus und Rechtpopulismus, für Willkommenskultur, soziale Gerechtigkeit und wirkliche Demokratie.
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