Linke: Schwerter zu Pflugscharen

19.02.2016 Schwäbisches Tagblatt von Matthias Reichert.

Bild: Michael Kopp

Bild: Michael Kopp

Während im Landtagswahlkampf die vielen Flüchtlinge die Gemüter bewegen, will die Reutlinger Linken-Kandidatin Jessica Tatti den Fluchtursachen auf den Grund gehen. Sie hat am Mittwoch den Hamburger Bundestagsabgeordneten Jan van Aken ins Haus der Jugend eingeladen, einen ausgewiesenen Experten für deutsche Waffenexporte. „Mehr als 70 Prozent der Bevölkerung sind dagegen. Wir sind die einzige Partei, die gegen diese Exporte ist“, stimmte der Kreisvorsitzende Rüdiger Weckmann rund 50 Zuhörer/innen ein. Die Politik müsse die Waffenexporte endlich stoppen, forderte Tatti: Die Linke kämpfe dafür, „dass die Flüchtlinge ihre Heimat nicht mehr verlassen müssen“.

Van Aken ist promovierter Botaniker, bei Greenpeace hat er früher Kampagnen gegen Gentechnik organisiert. Jetzt macht der 54-Jährige mit der Aktion „Aufschrei“ gegen deutsche Waffen mobil. Dadurch würden immer mehr Menschen erfahren, dass Deutschland der drittgrößte Waffenexporteur weltweit ist.

Deutsche Waffen töten in Syrien und Libyen, Myanmar und Mexiko. Das belegten eindrückliche Bilder. Kein Mensch könne sagen, in welche Hände exportierte oder von der Bundeswehr ausgemusterte und dann verschenkte Waffen gelangen, sagte van Aken. „Wenn eine Kleinwaffe einmal verkauft ist, kann man das nicht mehr kontrollieren.“

Im Jahr 2014 beliefen sich die deutschen Rüstungsexporte van Aken zufolge auf 6,5 Milliarden Euro. Diese Summe sei 2015 bereits im ersten Halbjahr umgesetzt worden. Auf Druck der Linken werde die Bundesregierung am Freitag das Ergebnis für 2015 veröffentlichen – Wirtschaftsminister und SPD-Vizekanzler Sigmar Gabriel bitte am selben Tag zur Pressekonferenz. Die Rüstungsexporte 2015 seien extrem hoch. „Das muss Gabriel erklären, er hat Wahlkampf gegen die Rüstungsexporte gemacht“, sagte van Aken.

Schon die rotgrüne Regierung unter Kanzler Schröder sei an der Reduzierung der Rüstungsexporte gescheitert. Der Fehler liege im System. Denn die Regierung wolle weiterhin im Einzelfall entscheiden, wohin die Waffen geliefert werden. Zwar sind Exporte in manche Länder verboten, aber es gebe Ausnahmen aufgrund von Sicherheits- und politischen Kriterien. „Die Menschenrechte verlieren immer“, so der Linke. Das Einzige, was helfe, sei ein Verbot.

Die Linken wollen, dass künftig keine Kleinwaffen mehr exportiert werden dürfen. Das sind alle Waffen, die von ein bis zwei Soldaten bedient werden – Pistolen, Sturmgewehre und auch Panzerfäuste. Zudem solle es künftig keine Lizenzen mehr für den Export von Waffenfabriken geben.

Doch was ist mit den Arbeitsplätzen in der Rüstungsindustrie? Dieses Argument bringt auch die CDU oft. Die Zahl der Jobs sei begrenzt – van Aken schätzt, dass in Deutschland mitsamt Zulieferern nicht mehr als 1000 Leute in der Herstellung von Kleinwaffen beschäftigt sind. Der Linke tritt für eine Konversion dieser Arbeitsplätze ein, getreu dem Motto der Friedensbewegung: „Schwerter zu Pflugscharen“. Van Aken sagte: „Wir wollen nicht, dass sie ganz aufhören zu arbeiten, sondern dass sie etwas anderes machen.“

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