
21 Mai LinkePARTEI: Gemeinderatsmehrheit liefert Reutlinger*innen weiter gesundheitsschädlichen Lärmwerten aus
In der vergangenen Gemeinderatssitzung sollte die Fortschreibung des vom Land Baden-Württemberg vorgeschriebenen Lärmaktionsplans beschlossen werden. Der Lärmaktionsplan sieht vor, dass Bürgerinnen und Bürger ab gewissen dB Werten einen Anspruch auf lärmreduzierende Maßnahmen haben. In der Regel sind das Geschwindigkeitsbegrenzungen. Denkbar sind aber auch Umweltspuren, Flüsterasphalt usw.. Für Reutlingen sollten diverse Tempo 30 Zonen ausgewiesen werden, da dort die Lärmwerte im gesundheitsgefährdenden oder bereits -schädlichen Bereich liegen. Teilweise liegen die Werte über 65dB was irgendwo zwischen einem Gespräch in 1m Entfernung und Schreien liegt und das dauerhaft und Nachts. Die Folgen sind Bluthochdruck, Stress, Schlafstörungen bis hin zu Herzinfarkten.
Nach vielen Monaten Bürgerbeteiligung, Abstimmung mit den Verkehrsverbänden, Bezirken und im Gemeinderat konnte die Verwaltung endlich eine beschlussfähige Vorlage präsentieren. Lediglich wir von der LinkenPARTEI wollten noch eine Ausweitung von Tempo 30 auf den Hauptstraßenzug durch die Innenstadt, da gerade dort die Lärmwerte besonders schlimm sind, was aber dem Beschluss des LAP nicht im Wege stand. Kommunen sind dazu verpflichtet, bei Überschreitung gewisser dB Werte im Rahmen eines beschränkten Ermessens zu handeln. Die Zeichen standen also auf mehr Gesundheit und Wohlbefinden für die Reutlingerinnen und Reutlinger.
Ja… wenn da nicht die CDU den Aufstand geprobt und das Gegenteil beantragt hätte. Und nicht nur, dass sie es versucht haben, flankiert durch Stadträte von AfD, FDP, FWV und WIR Fraktion sind sie damit sogar durchgekommen. So kam es dann, dass mit knapper Mehrheit, gegen die Stimmen von LinkePARTEI, Grüne und SPD der gesamte Lärmaktionsplan, inkl. ruhiger Orte abgelehnt wurde. Sehr zur Verwunderung der Verwaltung und OB Keck, der nun prüfen muss, ob dieser Beschluss überhaupt rechtens ist, da die Kommune natürlich an den Kooperationserlass und damit die Umsetzung des LAP gebunden ist. Bürgerinnen und Bürger haben das Recht zu klagen. Dieser Irrweg wird uns daher sicherlich noch juristischen Ärger bereiten. Mindestens wird er nun aber einige Verwaltungsmitarbeiter unnötig beschäftigen. Ein teures Manöver der CDU. Schwer zu verstehen in aktuellen Zeiten. Gleichzeitig hat die CDU mit derselben Mehrheit durchgesetzt, dass die Stadt Reutlingen sich beim Bundesverkehrsministerium als „Modellstadt“ für flächendeckend Tempo 40 bewerben soll. Unabhängig davon, dass absehbar ist, dass das nicht bewilligt wird, ist es ein Schlag ins Gesicht aller Menschen, die aufgrund von Lärm nicht mehr ruhig schlafen können. Es ist auch ein Schlag ins Gesicht all derer, die durch 30er Zonen Sicherheit, saubere Luft und übermäßigen Verkehr vor Ihrer Haustüre abwenden konnten. Nun also, „one step forward, and two step back“.
Die Argumente für diese Autofahrer-Clientelpolitik könnten durchsichtiger nicht sein: Der Kooperationserlass sei ideologisch (er ist das Ergebnis medizinisch/wissenschaftlicher Untersuchungen), „die dB Werte seien berechnet und nicht gemessen“ (eine Berechnung wird dem dynamischen Tagesverlauf gerechter und außerdem ist überhaupt nicht gesagt, dass eine Messung nicht sogar höhere (!) Werte ergeben würde), „Tempo 30 würde den Verkehr verschlechtern“ (das Gegenteil ist der Fall, wie Untersuchungen der Verwaltung und LUBW bewiesen haben), man „müsse sein Auto dann ja quasi tragen“ (muss hierauf wirklich eingegangen werden?) und viele teils noch abenteuerlichere Argumente mehr…
Wir von der LinkenPARTEI lehnen den Antrag der CDU ab und fordern stattdessen schon lange flächendeckend Tempo 30. Damit wären alle Probleme, die die CDU mit ihrem Antrag versucht zu lösen (Schilderwald, Akzeptanz, etc.) ebenfalls gelöst und gleichzeitig würden wir die Gesundheit und Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger schützen. Der Zeitverlust pro Kilometer bei Tempo 30 im Vergleich zu 40 beträgt unbereinigt bereits nur 30 Sekunden (120 statt 90). Da der Verkehrsfluss allerdings erwartbar besser würde, dürfte er sogar noch geringer sein. Rein sachlich kann das nicht als Rechtfertigung für den vergangenen Beschluss herangezogen werden, da sich selbst eine Fahrt durch die breiteste Ausdehnung der Innenstadt (Pfullinge->Rommelsbach) gerade mal um 6 Minuten verlängern würde.
Dieser Unsinn wurde nun aber beschlossen und daher heißt es erst mal abwarten, was das Regierungspräsidium und OB Keck zum Ergebnis sagen und was das Verkehrsministerium von der Idee einer Modellstadt hält.
Wir halten Sie auf dem Laufenden.
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