Günter Herbig im GEA

LANDTAGSWAHL – Günter Herbig aus Pliezhausen kandidiert im Wahlkreis 61 für die Partei Die Linke

Günter Herbig: Wider die »Ursünden« der Regierenden

VON HEINER KELLER

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Selbst ist der Mann: Günter Herbig beim Plakatieren. Den ganzen »Bananenwahlkreis« Hechingen-Münsingen bis zum Wahltermin am 13. März mit seinem Konterfei abzudecken, werde ihm wohl nicht gelingen, meint er bedauernd. FOTO: PRIVAT/GEA

PLIEZHAUSEN. Für das Wahlkampfteam der Partei Die Linke in Baden-Württemberg ist er für den Wahlkreis 61 der Wunschkandidat – vor allem aufgrund seiner politischen Erfahrung, die er sich schon als Linken-Kandidat bei der Bundestagwahl 2013 erarbeitet hat. »Ich springe gern wieder in die Bütt«, bekennt Günter Herbig. Er will es wissen, lässt seinen Wahlkampf in den nächsten Tagen so richtig anlaufen, will im Kerngebiet des Wahlkreises Hechingen-Münsingen von Haus zu Haus gehen, das Gespräch mit den Bürgern suchen, hören, wo die Leute der Schuh drückt und zuhören, was sie von der Politik, zumal einer linken, erwarten.

Aktuelle Umfragen, die die Linken für die Landtagswahl am 13. März bei ungefähr 3,5 Prozent sehen, entmutigen ihn keineswegs. »Das entspricht ziemlich genau unserer Stammwählerschaft im Land.« Es sei klar, dass man noch »Stimmen von außerhalb« dazugewinnen müsse, um in den Landtag einzuziehen. »Doch es ist noch alles drin«, so der 67-Jährige optimistisch.

Die großen Themen, die ihn schon 2013 beschäftigt haben, seien für die Landtagswahl dieselben geblieben: Friedenspolitik und Sozialpolitik. Für Herbig sind diese Politikfelder heute drängender als vor drei Jahren. »Deutschland ist momentan in 17 Auslandseinsätze verwickelt; in Afghanistan wurden Milliarden sinnlos verpulvert«, legt er los. »Wer Waffen und Soldaten exportiert, der erntet Flüchtlinge«, spricht er das Thema an, das auch im Bundesland die politische Debatte bestimmt.

 

Friedenspolitik müsse sich auch nach innen richten, fordert Herbig und ist bei der Sozialpolitik angelangt. Den gesellschaftlichen Konsens sieht er immer stärker gefährdet: Durch den ungebrochenen Trend zur Leiharbeit, durch grundlose Befristungen von Arbeitsverträgen oder den Missbrauch von Werksverträgen – dies sei »eine der Ursünden« der Regierenden in Bund und Land. Die Linke wolle dies verbieten und überall tarifliche Arbeitsverhältnisse durchsetzen. Menschen in Sozialberufen seien ordentlich zu bezahlen, sagt der Kandidat. Das gelte für Erzieherinnen und Erzieher genauso wie für die Beschäftigten in Gesundheit und Pflege – hier sehe er »eine Ursünde« der politisch Gewählten.

Genauso wie in der Bildungspolitik. »Nirgendwo sonst in Deutschland hängt der Erfolg von Schülern so sehr von der sozialen Herkunft und dem Einkommen der Eltern ab wie in Baden-Württemberg«, beklagt Herbig. Die Gemeinschaftsschule sei gegen diesen Missstand ein Schritt in die richtige Richtung, doch wenn zum Schuljahresende Lehrern gekündigt werde und sie nach den Sommerferien wieder eine Anstellung bekämen, so sei das »ein Unding« – »die Tariftreue des Landes ist unbedingt zu fordern«. Deshalb muss für die Linke auch das »Kooperationsverbot« fallen, wonach der Bund nicht in die Bildungspolitik auf Länderebene investieren darf. »Wir fordern mehr Geld für die Kinderbetreuung, kostenlose Kita-Plätze genauso wie ein kostenloses Schulessen oder ein Sozialticket im ÖPNV«, beharrt Herbig.
Ursünde, die nächste: die »Schuldenbremse«, die im Landesetat für eine schwarze Null sorgen soll. »Dafür werden Schulen nicht renoviert, Schwimmbäder geschlossen, Krankenhäuser privatisiert, Bus- und Bahnlinien ausgedünnt«, moniert der Linken-Kandidat. »Durch fehlende Investitionen lassen wir eine schon teilweise marode Infrastruktur noch weiter verkommen und produzieren so die Schulden von morgen – zulasten kommender Generationen.«

Ursünde, die übernächste: der Verzicht auf eine Vermögenssteuer und eine auf Millionenerbschaften – das seien Ländersteuern, die nicht zu erheben fahrlässig sei, denn »die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich immer mehr«.

Günter Herbig erinnert in Sachen Sozialpolitik daran, dass die Einführung eines Mindestlohns von Anfang an eine Kernforderung der Linken gewesen sei, die heute dafür plädiert die 8,50 Euro pro Stunde auf deren zehn zu erhöhen, um gegen Armutsrenten vorzugehen. Leiharbeit, prekäre Arbeit, Zeitarbeit, Ausweitung de Niedriglohnsektors – »die Agenda 2010, von Rot-Grün unter Gerhard Schröder angestoßen, ist nach wie vor eine Katastrophe. Damit sind alle Dämme in der Sozialpolitik gebrochen«, kritisiert Herbig. »Privat kommt vor sozial; der Staat stiehlt sich aus seiner sozialen Verantwortung und schafft die öffentliche Daseinsvorsorge ab.« (GEA)

Der Kandidat

Geboren: 20.12.1948 in Kassel (Hessen)

Konfession : keine

Wohnort: Pliezhausen

Familienstand: verheiratet, sechs Kinder

Beruf: Rentner, früher Gymnasiallehrer für Musik und Sport, zuletzt Außendienstleiter in der Pharmaindustrie

Derzeitige politische Ämter: Mitglied Zweckverband Abfallverwertung Reutlingen/Tübingen seit 2014, Bildungsbeauftragter für den Kreisvorstand der Reutlinger Linken seit 2015, zweiter Sprecher des Freundeskreises Asyl in Pliezhausen seit Oktober 2015.

Aktuelle Buchlektüre: Kritik der politischen Ökonomie von Michael Heinrich, Geschichte der DDR von Jörg Rösler sowie Freiheit statt Kapitalismus von Sahra Wagenknecht

Lieblingsfilm: Der kleine Lord

Lieblingsmusik: Irish Folk, Dylan, Wecker, Wader und Co.

Lieblings-TV-Sendung: Die Anstalt

Hobbys: Musizieren (Folk), Chorsingen (Singteam, Kirchenchor) 

Bevorzugtes Fortbewegungsmittel : ÖPNV, wenn immer möglich

Vorbild(er): Willy Brandt, Gregor Gysi, Margot Käßmann

Zentrales politisches Anliegen in einem Satz: Ich möchte, dass alle Menschen in Frieden und menschenwürdigen Verhältnissen leben können – und dies nicht auf Kosten von anderen Menschen und der Natur.

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