In einer gemeinsamen Erklärung äußern sich die Vorsitzenden der Partei DIE LINKE, Janine Wissler und Martin Schirdewan zusammen mit den Fraktionsvorsitzenden im Bundestag Amira Mohamed Ali und Dietmar Bartsch und den Minister*innen Katja Kipping, Klaus Lederer, Vogt, Simone Oldenburg, Jacqueline Bernhard, Heike Werner und dem Ministerpräsident von Thrüringen, Bodo Ramelow zum Bürgegeld und Abstimmung darüber im Bundesrat:
Wir wollen einen starken, demokratischen Sozialstaat, der alle Menschen wirksam gegen die Lebensrisiken von Krankheit, Unfall, Alter, Pflegebedürftigkeit und Erwerbslosigkeit schützt.
Unser Sozialstaat der Zukunft beruht auf drei Säulen:
- Soziale Rechte für alle, die vor Armut schützen und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen, durch eine sanktionsfreie Mindestsicherung in Höhe von 1.200 Euro.
- Soziale Dienstleistungen und öffentliche Infrastrukturen, die allen Bürger:innen gesellschaftliche Teilhabe gewähren.
- Ein neues Normalarbeitsverhältnis aus sinnhafter Erwerbsarbeit, gleichwertige Berücksichtigung der Care-Arbeit, kürzere Arbeitszeiten und Löhne, die für ein gutes, planbares und sicheres Leben reichen.
Wir wollen Sicherheit und Zukunft für alle, denen angst und bange wird, wenn sie an den Lohn, die Miete, die Energiekosten oder an das Alter denken. Wir wollen Vertrauen und soziale Sicherheit für alle, die seit langem übersehen, missachtet und verletzt werden, weil ihre Sorgen und Nöte wenig zählen. Wir bestehen darauf, dass sich die Dinge ändern, weil sie geändert werden können. Mit Mut und langem Atem. Mit Druck für radikalen Wandel und mit konkreten Schritten, die in der Summe große Veränderungen ergeben.
Hartz IV bleibt Hartz IV – auch im Bürgergeld
Die Ampelparteien aus SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP haben den Menschen in unserem Land einen Systemwechsel versprochen. Hartz IV sollte durch das Bürgergeld endgültig überwunden werden. Dieses Versprechen haben die Ampelparteien nicht gehalten.
Das Bürgergeld ist keine Überwindung von Harz IV. Die angekündigte große Sozialstaatsreform ist ausgeblieben. Das Bürgergeld-Gesetz war bereits im Entwurf der Ampel der Kompromiss einer Sozialrechtsnovelle aber kein Systemwechsel.
Wir erkennen an, dass mit dem Bürgergeld-Gesetz Hartz IV kleine Verbesserungen bekommt. Diese neuen Akzente werden jeweils für sich Erleichterungen für die Bürger:innen im Sozialleistungsbezug bringen. Indem Bildung und Weiterbildung im Vordergrund stehen sollen, statt die Vermittlung in irgendeine Erwerbstätigkeit. Mit höheren Freibeträgen und dem Weiterbildungsgeld. Oder indem Jugendliche, deren Eltern Bürgergeld beziehen, ihr Geld aus Ferien- oder Nebenjobs bzw. der Ausbildungsvergütung behalten. Wir können das schon deshalb anerkennen und im Bundesrat zustimmen, weil dies unseren Forderungen nach kurzfristigen Sofortmaßnahmen entspricht, für die wir uns seit Jahren einsetzen.
Unser Ziel ist jedoch viel weitgehender als die Ambitionen der Ampel. Denn Hartz IV hinter uns zu lassen, braucht es weitere Schritte, für die wir innerhalb und außerhalb der Parlamente und Regierungen kämpfen: Die Grundsicherung muss armutsfest sein und darf nicht länger an Sanktionen gebunden werden. Sanktionen missachten das Recht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum und dienen vor allem als Drohung gegenüber Erwerbslosen und Mittel der Gängelung – nicht zuletzt um einen der größten Niedriglohnsektoren Europas weiter am Laufen zu halten. Währenddessen machen viele Unternehmen große Gewinne und die Vermögen der Reichen wachsen weiter.
Die mit dem Bürgergeld-Gesetz zum Januar 2023 geplante Anhebung der Regelsätze in der Grundsicherung auf 502 Euro ist zwar die höchste Erhöhung, die es in Hartz IV seit der Einführung jemals gab. Andererseits ist dies vor allem der galoppierenden Inflation geschuldet und basieren die Regelsätze auch weiterhin auf empörend kleingerechneten Ausgangswerten.
Nötig sind deshalb aus Sicht der Partei DIE LINKE., der Linksfraktion im Deutschen Bundestag sowie den linken Regierungsvertreter:innen in Berlin, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen kurzfristige weitergehende Schritte hin zur grundsätzlichen Überwindung von Hartz IV.
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