FFF-Rede zum Klimawandel: „Frauen und sozial Geschwächte leiden am stärksten“

16. März 2023  Allgemein

Am 8. März hielt Nele Weeber als Vertreterin der Reutlinger Gruppe Fridays For Future auf dem Reutlinger Marktplatz eine bemerkenswerte Rede, die wir hier mit ihrer freundlichen Genehmigung veröffentlichen.

Hallo, ich bin Nele von Fridays For Future Reutlingen

Wir sind, wie die meisten von euch wissen, eine Klimaschutz-Bewegung. Aber was hat Klimakrise mit Feminismus zu tun? Klima und Frauen… ja, diese zwei Aspekte haben einen (krassen) Zusammenhang, auch wenn er vielleicht nicht direkt offensichtlich ist.
Fakt ist, dass Frauen und Mädchen härter von der Klimakrise getroffen werden, härter als Männer. Besonders im Globalen Süden ist das der Fall. Frauen sterben bei einer Katastrophe mit 14mal höherer Wahrscheinlichkeit als Männer, einfach deswegen, weil sie unter anderem später gewarnt werden und vor allem seltener schwimmen können. Bei dem furchtbaren Tsunami 2004 in Indonesien waren nämlich 70 Prozent der Todesopfer weiblich. Und auch die verheerenden Dürren, die durch die Klimakrise ausgelöst werden, benachteiligen Frauen. Bei extremer Trockenheit ist fast kein Ackerbau möglich und das eh schon niedrige Einkommen von Bauernfamilien geht zurück. Wassermangel und Waldsterben machen große Probleme, da die Frauen viel längere Strecken laufen müssen, um an Brennholz oder Trinkwasser zu gelangen. Die Anstrengung, Erschöpfung und generelle Risiken der Wege haben sich dann noch nicht einmal gelohnt, weil das wenige Wasser, das es gibt, von schlechter Qualität ist und Krankheiten verursachen kann. Grundsätzlich haben die Frauen und Mädchen also viel viel weniger Zeit für Bildung, politisches Engagement oder eben Erwerbsarbeit. Ganzen Beitrag lesen »

Schließung der Reutlinger Galeria Kaufhof angekündigt

13. März 2023  Allgemein

T-online meldet die Schließung von 52 der noch verbliebenen 129 Galeria-Filialen.
Darunter auch Reutlingen, wo bis Januar 2014 der Laden dicht sein soll.


Dazu die Pressemitteilung der Gewerkschaft ver.di:

ver.di Baden-Württemberg ist entsetzt, dass in Baden-Württemberg insgesamt sechs von achtzehn Galeria-Filialen geschlossen werden sollen, in Esslingen, Heidelberg (Bismarckplatz), Leonberg, Pforzheim, Reutlingen und Stuttgart (Eberhardstraße). Betroffen sind ca. 500 Beschäftigte. Martin Gross, ver.di Landesbezirksleiter Baden-Württemberg: „Wir alle, von Politik über Gesellschaft bis zur Gewerkschaft, dürfen diese Schließungspläne auf keinen Fall hinnehmen. Nachdem Tausende Beschäftigte seit Jahren auf erhebliche Gehaltsbestandteile verzichtet haben, sollen sie jetzt zum Dank dafür arbeitslos werden. Nachdem hunderte Millionen Euro an Steuergeldern in das Unternehmen gepumpt wurden, sollen etliche Innenstädte weiterveröden. Und dass am Ende ein verantwortungsloser Milliardär und Immobilienspekulant sich einen schlanken Fuß macht, ist ein Skandal.“

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Zum internationalen Frauentag

16. Februar 2023  Allgemein

»Familienbewusste Arbeitszeiten – gerechtere Verteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit für Mann und Frau«
Die (Für)Sorgearbeit wird immer noch überwiegend von Frauen ausgeführt. Höchste Zeit für einen Paradigmenwechsel und politische und gesetzgebende Anreize.

Hierzu sprechen wir mit unseren Gästen: Beate Müller-Gemmeke (MdB) und Jessica Tatti (MdB).

Der Frauentag steht für die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter in allen Lebenslagen. Diesen Tag möchten wir mit Ihnen feiern.
Wir freuen uns auf Sie!
Ort: Citykirche Reutlingen, Am Nikolaiplatz 1,
72764 Reutlingen
Veranstalter: FERDA international und
Forum muslimischer Frauen im Landkreis Reutlingen

Soziale Sicherheit für alle. Dem Bürgergeld das Hartz IV austreiben.

26. November 2022  Allgemein

In einer gemeinsamen Erklärung äußern sich die Vorsitzenden der Partei DIE LINKE, Janine Wissler und Martin Schirdewan zusammen mit den Fraktionsvorsitzenden im Bundestag Amira Mohamed Ali und Dietmar Bartsch und den Minister*innen Katja Kipping, Klaus Lederer, Vogt, Simone Oldenburg, Jacqueline Bernhard, Heike Werner und dem Ministerpräsident von Thrüringen, Bodo Ramelow zum Bürgegeld und Abstimmung darüber im Bundesrat:

 

Wir wollen einen starken, demokratischen Sozialstaat, der alle Menschen wirksam gegen die Lebensrisiken von Krankheit, Unfall, Alter, Pflegebedürftigkeit und Erwerbslosigkeit schützt. 

Unser Sozialstaat der Zukunft beruht auf drei Säulen:

  1. Soziale Rechte für alle, die vor Armut schützen und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen, durch eine sanktionsfreie Mindestsicherung in Höhe von 1.200 Euro.
  2. Soziale Dienstleistungen und öffentliche Infrastrukturen, die allen Bürger:innen gesellschaftliche Teilhabe gewähren.
  3. Ein neues Normalarbeitsverhältnis aus sinnhafter Erwerbsarbeit, gleichwertige Berücksichtigung der Care-Arbeit, kürzere Arbeitszeiten und Löhne, die für ein gutes, planbares und sicheres Leben reichen.

Wir wollen Sicherheit und Zukunft für alle, denen angst und bange wird, wenn sie an den Lohn, die Miete, die Energiekosten oder an das Alter denken. Wir wollen Vertrauen und soziale Sicherheit für alle, die seit langem übersehen, missachtet und verletzt werden, weil ihre Sorgen und Nöte wenig zählen. Wir bestehen darauf, dass sich die Dinge ändern, weil sie geändert werden können. Mit Mut und langem Atem. Mit Druck für radikalen Wandel und mit konkreten Schritten, die in der Summe große Veränderungen ergeben. 

 

Hartz IV bleibt Hartz IV – auch im Bürgergeld

Die Ampelparteien aus SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP haben den Menschen in unserem Land einen Systemwechsel versprochen. Hartz IV sollte durch das Bürgergeld endgültig überwunden werden. Dieses Versprechen haben die Ampelparteien nicht gehalten. 

Das Bürgergeld ist keine Überwindung von Harz IV. Die angekündigte große Sozialstaatsreform ist ausgeblieben. Das Bürgergeld-Gesetz war bereits im Entwurf der Ampel der Kompromiss einer Sozialrechtsnovelle aber kein Systemwechsel.

Wir erkennen an, dass mit dem Bürgergeld-Gesetz Hartz IV kleine Verbesserungen bekommt. Diese neuen Akzente werden jeweils für sich Erleichterungen für die Bürger:innen im Sozialleistungsbezug bringen. Indem Bildung und Weiterbildung im Vordergrund stehen sollen, statt die Vermittlung in irgendeine Erwerbstätigkeit. Mit höheren Freibeträgen und dem Weiterbildungsgeld. Oder indem Jugendliche, deren Eltern Bürgergeld beziehen, ihr Geld aus Ferien- oder Nebenjobs bzw. der Ausbildungsvergütung behalten. Wir können das schon deshalb anerkennen und im Bundesrat zustimmen, weil dies unseren Forderungen nach kurzfristigen Sofortmaßnahmen entspricht, für die wir uns seit Jahren einsetzen. 

Unser Ziel ist jedoch viel weitgehender als die Ambitionen der Ampel. Denn Hartz IV hinter uns zu lassen, braucht es weitere Schritte, für die wir innerhalb und außerhalb der Parlamente und Regierungen kämpfen: Die Grundsicherung muss armutsfest sein und darf nicht länger an Sanktionen gebunden werden. Sanktionen missachten das Recht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum und dienen vor allem als Drohung gegenüber Erwerbslosen und Mittel der Gängelung – nicht zuletzt um einen der größten Niedriglohnsektoren Europas weiter am Laufen zu halten. Währenddessen machen viele Unternehmen große Gewinne und die Vermögen der Reichen wachsen weiter.

Die mit dem Bürgergeld-Gesetz zum Januar 2023 geplante Anhebung der Regelsätze in der Grundsicherung auf 502 Euro ist zwar die höchste Erhöhung, die es in Hartz IV seit der Einführung jemals gab. Andererseits ist dies vor allem der galoppierenden Inflation geschuldet und  basieren die Regelsätze auch weiterhin auf empörend kleingerechneten Ausgangswerten. 

Nötig sind deshalb aus Sicht der Partei DIE LINKE., der Linksfraktion im Deutschen Bundestag sowie den linken Regierungsvertreter:innen in Berlin, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen kurzfristige weitergehende Schritte hin zur grundsätzlichen Überwindung von Hartz IV.

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Gedenkfeier für die Opfer des Faschismus

21. November 2022  Allgemein


Ansprache auf dem Reutlinger Friedhof „Unter den Linden“ von Lothar Letsche
20.11.2022

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Thomas Keck,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten,

I.

wir stehen vor der Grabstätte von 128 Häftlingen aus 15 Nationen, deren Leichname aus den KZ-Außenlagern Hailfingen/Tailfingen, Bisingen, Dautmergen und Schömberg im Reutlinger Krematorium zwischen Oktober 1944 und Januar 1945 verbrannt wurden. Auf einer Tafel, die 2010 von der Stadt angebracht wurde, stehen ihre Namen. Ihrer wollen wir heute zuerst gedenken. Für die letzte Anstrengung der Nazis, das Ende des von ihnen vom Zaun gebrochenen Zweiten Weltkriegs hinaus zu zögern, mussten diese Menschen sich zu Tode schuften. „Herzmuskel- und Kreislaufschwäche“ standen auf ihren Totenscheinen. Hunger und Entkräftung waren der wirkliche Grund.

Zwischen Rottenburg-Hailfingen und dem heutigen Gäufelden-Tailfingen wurde von 700 meist jüdischen Arbeitskräften, die aus Auschwitz angefordert wurden, unter mörderischen Bedingungen ein Flugfeld gebaut. Die anderen KZs gehörten zum Projekt „Wüste“. Das war ein Versuch, für den erhofften „Endsieg“ aus dem Steinschiefer noch irgendwie Erdöl herauszuholen.

In Hailfingen-Tailfingen hatten 99 der hier Beigesetzten den Tod gefunden. 15 weitere endeten im Krematorium Esslingen, 75 in einem Massengrab bei der Landebahn und später auf dem Tailfinger Friedhof.

Der Reutlinger Totengräber berichtete später, wie es ablief:

„In der Zeit von etwa August/September 1944 bis 14. Januar 1945 kam etwa jede Woche mit nur kurzen Unterbrechungen (Montag oder Samstag) ein Lastwagen der Organisation Todt und brachte 10-12 Holzkisten enthaltend je zwei nackte männliche Leichen. (. .. ) Die Transporte wurden von einem SS-Offizier geleitet und von 4 Männern begleitet …. Diese Häftlinge verbrachten die Kisten mit den Leichen ins Krematorium. (. . .) Die Verbrennung
dieser Leichen erfolgte immer getrennt von anderen Verbrennungen.
Trotz [anderslautenden] Befehls zerstreuten [wir] die Asche der Häftlinge nicht, sondern sammelten die Asche und verbrachten sie in ein Grab der Abteilung Y des städt[ischen] Friedhofs. Nachdem das erste Grab gefüllt war, wurde ein zweites Grab angelegt. […] Am 15. Januar wurde das Krematorium durch Luftangriff beschädigt und stillgelegt. Die beiden Aschengräber wurden zugedeckt und wie andere Gräber gerichtet und gepflegt.“ Später wurden sie an die heutige Stelle umgebettet.

 

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Bürgergeld: Keine Abkehr von Hartz IV

14. September 2022  Allgemein

„Die Ampel löst ihr vollmundiges Versprechen nicht ein, Hartz IV zu überwinden. Zwar finden sich im Gesetzentwurf Licht und Schatten, das Wichtigste aber fehlt: eine ehrliche Bemessung und Erhöhung der Regelsätze“, erklärt Jessica Tatti, arbeitsmarkt- und sozialpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, mit Blick auf das Bürgergeld-Gesetz, das heute im Bundeskabinett auf den Weg gebracht wurde. Tatti weiter:

„Die Erhöhung der Regelsätze um 50 Euro ist zwar besser als nichts. Das ist jedoch keine Wohltat der Regierung, sondern gleicht lediglich die Inflation dieses Jahres aus. Die miese Kleinrechnerei beim Regelsatz geht einfach weiter. Die Erhöhung ist viel zu niedrig und lässt Menschen in Hartz IV bis Januar total im Stich. Es ist auch schon jetzt klar, dass die Preise im kommenden Jahr stark weiter ansteigen werden. Trotz Regelsatzerhöhung bleibt es somit bei einem massiven Kaufkraftverlust für die Betroffenen. Wir fordern einen ehrlich berechneten Regelsatz von 687 Euro.

Im Gesetzentwurf finden sich einige positive Ansätze, etwa die zweijährige Übergangsfrist für Wohnungskosten und Vermögen. Das sind gute Nachrichten für Neu-Antragsteller, bringt aber denen nichts, die schon länger in Hartz IV sind. Auch den Verzicht auf das Eintreiben kleiner Rückforderungen begrüßen wir – schließlich setzt die Ampel damit alte Forderungen der Linksfraktion um. Dagegen will die Ampel weiterhin Sanktionen verhängen, die für die Betroffenen ein Leben unter dem Existenzminimum bedeuten. Das ist ein Armutszeugnis und widerspricht massiv dem Gerede von Augenhöhe und Respekt. Die Ampel betreibt eine Politik der sozialen Kälte. So wird Hartz IV nicht überwunden, sondern Armut zementiert.“

Fünf Punkte gegen die drohende Gaskrise und drastisch steigende Preise

19. Juli 2022  Allgemein

Von Janine Wissler, Martin Schirdewan, Amira Mohamed Ali und Dietmar Bartsch

Die Gaskrise verschärft sich und die Bundesregierung agiert hilflos. Dadurch drohen die schlimmsten sozialen Verwerfungen seit Jahrzehnten. Die Ampel-Parteien beschränken sich auf teils zynische Spartipps, anstatt einen robusten Schutzschirm für Verbraucher und Versorger zu spannen. Dabei müssen die Vorbereitungen für den Heizwinter jetzt getroffen werden.

Wir legen einen Fünf-Punkte-Plan vor, um die Menschen vor Gaspreissteigerungen zu schützen und die Versorgung sicherzustellen.

Drittes Entlastungspaket

Wir brauchen ein drittes und umfassend wirksames Entlastungspaket. Es muss in der Sommerpause erarbeitet und in der ersten Sitzungswoche des Bundestages verabschiedet werden. Es sollte die Mehrkosten der Bürger tatsächlich ausgleichen. 193 Euro Energiekostenpauschale netto für Durchschnittsverdiener sind ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir fordern einen sozialen Klimabonus von 125 Euro im Monat pro Haushalt und 50 Euro für jedes weitere Haushaltsmitglied für Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen und die sofortige Erhöhung der Sozialleistungen um 200 Euro pro Monat. Das 9-Euro-Ticket muss bis Jahresende verlängert werden.

Gaspreisdeckel

Wir fordern einen sofortigen Gaspreisdeckel! In vielen großen EU-Staaten sind die Gaspreise gedeckelt. Deutschland sollte nachziehen. Derzeit geschieht das Gegenteil. Durch eine Preisanpassungsklausel werden extreme Preisanstiege für Verbraucherinnen und Verbraucher zugelassen. Damit sollte Schluss sein!

Verbot von Strom- und Gassperren

Strom- und Gassperren müssen gesetzlich verboten werden. Die Ankündigung der Ministerin für Verbraucherschutz, ein Moratorium für Strom und Gassperren im „absoluten Krisenfall“ zu beschließen, geht zwar in die richtige Richtung, reicht aber nicht aus. Für viele Menschen sind Strom und Gas längst nicht mehr bezahlbar und der „Krisenfall“ Alltag. Zusammen mit dem Verbot von Sperren muss ein bezahlbares Grundkontingent für Strom und Gas für alle gesetzlich garantiert werden. Über den Basisverbrauch hinausgehender Energieverbrauch sollte hingegen teurer werden.

Gasversorger unterstützen, Übergewinne besteuern

Gasversorger, insbesondere Stadtwerke und kommunale Versorger, müssen unterstützt werden. Uniper zeigt, dass die Bundesregierung handeln muss. Das Prinzip „Verluste sozialisieren, Profite privatisieren“ darf nicht gelten. Es ist richtig, Unternehmen zu retten, um einen Kollaps der Versorgung zu verhindern. Der Bund sollte dauerhaft Eigentümer bleiben, um Bürger entlasten zu können. Es gibt in dieser Krise nicht nur Verlierer. Es kann nicht sein, dass der Staat unternehmerische Risiken ausgleicht, während andere Unternehmen Milliardenprofite mit der Krise machen. Über die Abschöpfung durch eine Übergewinnsteuer könnten Verluste an anderer Stelle gegenfinanziert werden.

Erneuerbare Energien schnell ausbauen

Über dieses Sofortprogramm hinaus muss der Ausbau der Erneuerbaren Energien wirksam beschleunigt (insbesondere durch personelle Stärkung der Verwaltungen bei Planungs- und Genehmigungsverfahren) und mit verlässlichen Ausbaupfaden verbunden werden. Dies beeinflusst schon heute die Wirtschaftlichkeitsrechnungen und Investitionsentscheidungen der Unternehmen und der Haushalte maßgeblich und senkt das Preisniveau z.B. für langfristige Lieferverträge für Energie.

Jessica Tatti berichtet aus Berlin

19. Mai 2022  Allgemein
 
Am kommenden Mittwoch, den 25.05.22, berichtet die Bundestagsabgeordnete Jessica Tatti ab 19 Uhr über aktuelle Entwicklungen im Bundestag und steht für Fragen und Diskussionen gerne zur Verfügung.
Die Veranstaltung findet online per ZOOM statt. Die Zugangsdaten werden nach Anfrage an jessica.tatti.wk@bundestag.de mitgeteilt.

Hartz-IV-Sonderzahlungen reichen nicht – Regelsätze auf 687 Euro erhöhen!

18. Mai 2022  Allgemein

Von Jessica Tatti, Sprecherin der Fraktion DIE LINKE für Sozial- und Arbeitsmarktpolitik


Es braucht Ehrlichkeit in der Existenzsicherung. Die Regierung verteilt völlig willkürlich festgelegte Einmalzahlungen, die nicht einmal den Kaufkraftverlust durch die hohe Inflation ausgleichen. Hartz IV und Sozialhilfe müssen sofort und dauerhaft erhöht werden. Wir haben ehrlich gerechnet: Der Regelsatz in Hartz IV und Sozialhilfe muss 687 Euro betragen, plus Strom, plus „weiße Ware“. Auch für Kinder im Bezug braucht es monatlich 100 Euro mehr. 

Die Ampelregierung hat Sonderzahlungen für Sozialleistungsempfänger beschlossen:

  • für Erwachsene in Hartz IV und Sozialhilfe (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, Hilfe zum Lebensunterhalt) Einmalzahlungen im Juli in Höhe von 100 Euro für pandemiebedingte Ausgaben seit Sommer 2021 und weiteren 100 Euro für den Ausgleich der massiven Preissteigerungen bei Strom und Lebensmitteln;
  • für Kinder und Jugendliche in Hartz IV und Sozialhilfe in Höhe von 20 Euro monatlich ab Juli sowie
  • für Menschen im Bezug von Arbeitslosengeld bei der Agentur für Arbeit einen einmaligen Zuschlag von 100 Euro im Juli.

Die Anhörung im Bundestag hat gezeigt: Wohlfahrts- und Sozialverbände sowie der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) haben unisono festgestellt, dass die Einmalzahlungen bei Weitem nicht ausreichen. Sie sind zwar besser als nichts. Sie reichen aber nicht einmal aus, um auch nur den aktuellen Kaufkraftverlust auszugleichen.

Das einfache Nachrechnen zeigt: Die Erhöhung des Hartz-IV-Satzes zu Beginn des Jahres betrug drei Euro. Zusammen mit der Einmalzahlung von 100 Euro beträgt die Erhöhung rechnerisch 2,5 Prozent pro Monat im Vergleich zum Vorjahr. Die Inflationsrate liegt aktuell bei 7,4 Prozent. Die Inflation für regelsatzrelevante Ausgaben beträgt immer noch satte 6,6 Prozent. Sie liegt damit weit mehr als doppelt so hoch wie die Sonderzahlung auf ein Jahr gerechnet.

Die Regelsätze bei Hartz IV und Sozialhilfe sind ohnehin durch Kleinrechnerei und statistische Tricks viel zu niedrig. Seit vielen Jahren schummeln alle Regierungen bei der Berechnung. Daher haben wir die Höhe der Regelsätze mit den offiziellen Daten und Statistiken des Statistischen Bundesamtes, Destatis, überprüfen lassen.

  • Als Vergleichsgruppe für den Regelsatz haben wir den Durchschnitt der ärmsten 20 Prozent der Alleinstehenden angenommen wie das bis 2011 üblich war. Die Bundesregierung nutzt seitdem nur noch die untersten 15 Prozent, um so auf niedrigere Regelsätze zu kommen.
  • Aus dieser Vergleichsgruppe nehmen wir die Leute heraus, die Sozialleistungen erhalten oder erhalten würden, falls sie einen Antrag stellen. So wird vermieden, dass aus dem aktuellen Regelsatz auch der neue Regelsatz hergeleitet wird („Zirkelschlüsse“).
  • Auf politische, willkürliche Streichungen aus den realen Ausgaben der Vergleichsgruppe verzichten wir. Die Ausgaben der untersten 20 Prozent der Bevölkerung sind deren Ausgaben – da gibt es nichts zu streichen, nur weil gut situierten Abgeordneten das so gefällt. Auch ärmere Menschen brauchen etwas Geld für Pflanzen auf dem Balkon oder im Garten, wollen Verwandten ein kleines Geschenk zum Geburtstag mitbringen oder ihren Kindern Turnschuhe mit drei Streifen kaufen. Auch das gehört zur Teilhabe an Gesellschaft.

Wir kommen mit unserer ehrlichen Berechnung plus eines Inflationsausgleichs von 5 Prozent auf einen Regelsatz von 687 Euro für Alleinstehende und Alleinerziehende. Zusätzlich müssen Strom und größere Anschaffungen („Weiße Ware“) übernommen werden. Die genaue Berechnung und Begründung findet sich in unserem Antrag „Regelsatz ehrlich berechnen – Sonderzahlungen reichen nicht aus“.

Die Sonderzahlungen für Kinder und Jugendliche im Sozialleistungsbezug sind ebenso viel zu niedrig angesetzt und kleingerechnet. Die Lücke zum ehrlichen Bedarf liegt derzeit bei 100 Euro im Monat. Diese 100 Euro müssen bis zur Neuberechnung und der Einführung der Kindergrundsicherung ab sofort ausbezahlt werden. Das fordern wir in unserem Antrag „Kinder-Sofortzuschlag armutsfest ausgestalten“.

Die rot-grün-gelbe Regierung zeigt mit ihren Zuschüssen deutlich, was sie von Menschen mit kleinem Geldbeutel hält. Anstatt dafür zu sorgen, dass sich die Leute nicht Tag und Nacht Sorgen um ihre Existenz machen müssen, rechnet und trickst man so lange, bis sich Finanzminister Christian Lindner (FDP) freut. Das ist respektlos.

Das aktuelle Hartz-IV-System beruht auf Scham, Angst und Druck. Das muss überwunden werden. Der Regelsatz muss zum Leben reichen. Respekt heißt für DIE LINKE: Regelsatz auf 687 Euro!

Jessica Tatti: „Sozialer Arbeitsmarkt muss mehr Langzeitarbeitslose in Arbeit bringen“

03. Mai 2022  Allgemein

„Die offizielle Arbeitslosenquote liegt im April bei 5,0 Prozent. Ohne Tricks sind 3 Millionen Menschen, also rund 692.000 Personen mehr als die Quote angibt, tatsächlich arbeitslos. Nicht statistisch gezählt werden beispielsweise Kranke, viele über 58-Jährige in Hartz IV und Leute, die ein Bewerbungstraining oder eine berufliche Weiterbildung machen. Das ist Schönrechnerei“, kommentiert Jessica Tatti, arbeitsmarkt- und sozialpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, die heute veröffentlichten Arbeitslosenzahlen der Bundesagentur für Arbeit. Tatti weiter:

„Nicht als verdeckt arbeitslos zählt die Fraktion DIE LINKE diejenigen, deren Arbeitsstellen von der Arbeitsagentur oder den Jobcentern ganz oder teilweise gefördert werden, wie etwa durch den Gründungszuschuss oder die ‚Teilhabe am Arbeitsmarkt‘. Das ist eine sehr sinnvolle Förderung, denn so können die Jobcenter Arbeitsplätze statt Arbeitslosigkeit finanzieren. Langzeitarbeitslose Menschen leben dann von ihrer Hände Arbeit, bekommen Gehalt auf Basis des gesetzlichen Mindestlohns, anstatt Hartz IV zu beziehen.

Leider lässt die Bundesregierung diese Förderung verkommen. 2018 kündigte Bundesminister Heil 150.000 neue Arbeitsplätze an, mit 4 Milliarden Euro für vier Jahre. Heute wissen wir: Gerade mal 41.869 Langzeitarbeitslose bekommen diese Chance auf Teilhabe. Vor einem Jahr waren es minimal mehr. Eine Ursache für die Stagnation ist, dass die steigenden Kosten durch die Mindestlohnerhöhungen nicht mit einer Erhöhung der Fördermittel im Bundeshaushalt 2022 einhergehen. Im Gegenteil: Die Mittel für die Jobcenter werden sogar reduziert. Minus 200 Millionen im Vergleich zum Vorjahr! So wird ein gutes Förderinstrument kaputtgespart. Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit und Teilhabe durch Arbeit für Menschen in Hartz IV sind der Ampelregierung anscheinend noch unwichtiger als davor der Großen Koalition. Das ist ein Trauerspiel für unseren Sozialstaat.“