Leere Kassen in der Stadt, volle bei den Reichsten!

Der Haushalt ist die Königsdisziplin des Gemeinderates. So heißt es allenthalben. Und nun? Der Souverän steht vor derart leeren Kassen, dass er sich gar nicht mehr so souverän fühlt. Und so spart er, wo er kann – und wo er darf. Zu den Sparmaßnahmen gehören Ausgaben, die als Freiwilligkeitsleistungen daherkommen, hinter denen sich aber eigentlich unverzichtbare Zahlungen verbergen.

Die Unterstützung privater Einrichtungen für die Kinderbetreuung oder für die Bürger-Beratung ist eingeschränkt. Schlimm genug. Wenn aber zum Beispiel beim NAWO-Projekt der Arbeiterwohlfahrt der Rotstift angesetzt wird, dann fängt man an, bei den Ärmsten zu sparen – bei den Menschen in unmittelbarer Wohnungsnot.

Es fehlt vorne und hinten das Geld – und das trotz all des Reichtums, der wächst und wächst. Um satte 82 Milliarden Euro stieg seit dem letzten Jahr das Vermögen der 500 reichsten Deutschen (Quelle: Manager Magazin). Wollte man dieses Geld auf die 82 Großstädte, also auf jene Kommunen in Deutschland mit mehr als 100.000 Einwohnern, verteilen, dann bekäme Reutlingen eine Milliarde Euro. Damit wäre der komplette Doppelhaushalt 2024/2025 finanziert.

Wir wünschen uns als Stadträte (vor allem dann, wenn man zur Linken Liste gehört), dass ein Teil dieses gigantischen Vermögens für den Aufbau eines Rettungsschirmes eingesetzt werden würde. Durch eine andere Steuerpolitik, die vielleicht auch mal neue Wege geht.

Es braucht einen Rettungsschirm für die Kommunen. Es geht um die Zukunft vor allem unserer Kinder, also Kinderbetreuung und Schulausstattung. Es geht um Investitionen in die Infrastruktur, in den sozialen Wohnungsbau. Wir brauchen kreative Lösungen für die ökologische und soziale Verkehrswende. Dafür setzen wir uns ein.

Wenn die GWG sich nun zum Beispiel dazu bekennt, 70 Prozent ihres Engagements in den sozialen Wohnungsbau zu investieren, dann ist das nicht zuletzt der Initiative der Linken Liste zu verdanken. Wir schauen über den Tellerrand hinaus, weil vieles allein auf kommunaler Ebene nicht zu lösen ist. Trotzdem versuchen wir auf dieser Ebene mit konstruktiven Vorschlägen, durchaus auch mit Kompromissen, Lösungen für die Missstände in unserer Stadt zu finden. Dazu zählen auch die Lebensbedingungen der Menschen, die zu uns kommen, die fliehen mussten. Sie sind keine Bedrohung, sondern eine Chance, weil wir ihnen eine Chance geben. Engagement ist gefragt in diesen Zeiten – aber eigentlich zu allen Zeiten!
Reutlinger GEA 31.10.2023

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