Pressekonferenz der Linken zur Auskreisung

http://gea.de/region+reutlingen/reutlingen/+kooperieren+statt+separieren.4279090.htm

 

Auskreisung – Linke Stadt- und Kreisräte halten nichts von einer Reutlinger Stadtkreisgründung

»Kooperieren statt separieren«

VON ROLAND HAUSER

REUTLINGEN. Schon im Kommunalwahlkampf 2014 hatte die Reutlinger Linke Liste sich festgelegt: »Keine Auskreisung der Stadt Reutlingen«, stand im Wahlprogramm geschrieben. Und die Linken-Räte waren es dann auch, die bei den Etatberatungen für den Doppelhaushalt 2015/2016 den Anstoß dazu gaben, dass die vorgesehenen Planungsmittel für das Thema Stadtkreisgründung von jeweils 150 000 Euro mithilfe von Grünen und CDU auf 100 000 Euro für dieses Jahr und auf null Euro für 2016 gekürzt wurden. Da überraschte es nicht, dass die linken Stadt- und Kreisräte – Thomas Ziegler in Personalunion, Jessica Tatti (Stadt) und Petra Braun-Seitz (Kreis) – gestern bei einem Pressegespräch im Rathaus keinen Hehl aus ihrer Abneigung gegenüber der von Oberbürgermeisterin Barbara Bosch propagierten Stadtkreisgründung machten. Und das, obwohl die nicht öffentlichen Vorberatungen in den gemeinderätlichen Ausschüssen noch gar nicht begonnen haben? »Wenn es bei den Vorberatungen gelingen sollte, uns vom Gegenteil zu überzeugen, sind wir offen«, sagte Jessica Tatti. Während die Stadt jedoch offenbar davon ausgehe, dass Reutlingen per Stadtkreisgründung großstädtisch werde, »sehen wir das anderes«. Großstädtisches Gepräge hänge nicht davon ab, »wie eine Verwaltungseinheit organisiert ist«. Vielmehr gehe es – unter anderem – um gute und sichere Arbeitsplätze, ausreichend Gewerbeflächen zur Ansiedlung von Firmen, ein Konzept für preiswertes Wohnen oder Fragen wie die Zukunft der historischen Häuserzeile in der Oberamteistraße. Sie befürchte, so Jessica Tatti, dass die Mammutaufgabe Auskreisung »diese Themen in den Hintergrund drängt«.

Restkreis sehr konservativ

Auch sehe sie die Gefahr, dass im Falle einer Stadtkreisgründung die Zusammensetzung des Rest-Kreistags »äußerst konservativ« würde, weil nicht nur die beiden linken (Reutlinger) Kreisräte dann ja dort keinen Seitz mehr hätten, sondern auch andere progressiv denkende Reutlinger Grünen- oder SPD-Räte. »Der Aderlass bei den fortschrittlichen Kräften wäre überproportional«, ergänzte Thomas Ziegler. Kritisch sehen die Linken auch den Zeitplan der Stadtverwaltung, wonach der Gemeinderat idealerweise bereits am 30. Juni darüber befinden soll, ob ein Stadtkreisgründungs-Antrag beim Innenministerium gestellt wird oder nicht. Das sei, so Tatti, »nur fünf Tage nach Abschluss der Vorberatungen«. Außerdem wolle man auch die andere Seite, den Landkreis, hören, sagte Ziegler. Der jedoch könne das umfangreiche Zahlen-Paket, das die Stadt vorgelegt habe, nicht in zwei, drei Wochen einer sorgfältigen Prüfung unterziehen. Jessica Tatti sprach von »Werbe- und Propaganda-Material« der Stadt, Anita Arndt vom »Linken Arbeitskreis Kommunalpolitik« sagte, sie empfinde den Ergebnisbericht der Stadt als »manipulativ«. Da würde beispielsweise aufgelistet, welche großstädtischen Aufgaben die Stadt Reutlingen finanziere, ohne einen Ausgleich vom Landkreis zu erhalten – obwohl zum Beispiel die Württembergische Philharmonie ja auch vom Landkreis unterstützt werde.

Vier Millionen verbraucht?

Mehr noch: Die Kosten für die vorläufige Unterbringung von Asylbewerbern, für die in der heutigen Konstellation der Landkreis zuständig ist, seien in der Modellrechnung der Stadt nicht berücksichtigt, sagt Anita Arndt, die sich ehrenamtlich für Flüchtlinge engagiert. Gehe man von 700 Asylbewerbern aus, die dann von der Stadt vorläufig untergebracht werden müssten, seien die Mehreinnahmen von vier Millionen Euro jährlich, die sich die Stadt von einer Stadtkreisgründung verspricht, rasch aufgebraucht. Kreisrätin Petra Braun-Seitz stört sich daran, dass sich die Stadt Reutlingen laut Ergebnisbericht nur mit 25,1 Prozent an den Trägerzuschüssen beteiligen wolle. Aktuell finanziere sie über die Kreisumlage 43 Prozent, und der Bevölkerungsanteil der Stadt am Landkreis liege bei 40 Prozent: »Da sind 25 Prozent Kostenbeteiligung zu wenig, da sollte Reutlingen deutlich mehr Verantwortung übernehmen – auch finanziell«, meint Petra Braun-Seitz. Thomas Ziegler, der zum Beispiel beim ÖPNV und bei der Zulassungsstelle den Aufbau von Doppelstrukturen beklagt, wundert sich, warum man nicht auf die Idee komme, Aufgaben die auf Stadt und Landkreis verteilt sind, »im Bürgeramt des Rathauses« zusammen anzubieten. »Kooperieren statt separieren« laute für ihn das Gebot der Stunde – und »dazu benötige ich das Instrument des Auskreisens nicht«. (GEA) // www.gea.de/auskreisung //

No Comments

Sorry, the comment form is closed at this time.