Umsteuern gegen die kommunale Finanznot

Zum Leserbrief »Vermögen heißt nicht Liquidität« vom 11. November

In seinem Leserbrief vom 11. November fragt Klaus Menton, bezogen auf den Beitrag in der Rubrik »Ziemlich parteiisch«, ob die Linke Liste »wirklich so primitiv in ihrer Denkweise« ist, weil sie meinen würde, man könne den Vermögenszuwachs im Jahr 2022 von 82 Milliarden den 500 reichsten Deutschen wegnehmen und auf die 82 größten Städte verteilen.

Dies ist nicht wörtlich gemeint, sondern eine Metapher, die plastisch machen soll, wie der private Reichtum bei wachsender Finanznot der Kommunen wächst. Nicht nur Die Linke fordert deshalb wie die Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbände eine gerechtere Steuerpolitik.

Der DGB fordert unter anderem die Wiedererhebung der in Deutschland ausgesetzten Vermögensteuer: Ab einem Freibetrag von einer Million Euro (Single) sollte der Steuersatz auf jeden zusätzlichen Euro ein Prozent betragen, dann bis 20 Millionen Euro linear progressiv auf 1,5 Prozent ansteigen.

Italien, Spanien, Griechenland, Großbritannien, Rumänien und Ungarn haben bereits die Übergewinnsteuer. Damit könnten hierzulande bis zu 102 Milliarden Euro im Jahr alleine im Energiesektor eingenommen werden. Mit dem Geld könnte die kommunale Energieversorgung sichergestellt, Millionen Menschen entlastet und in Erneuerbare Energien investiert werden.

Während die Inflation die Lohnzuwächse auffrisst, haben im Vergleich zum Vorjahr die Vorstände der erfolgreichsten deutschen Unternehmen im Schnitt 24 Prozent mehr verdient. Die Organisation OXFAM stellt fest: »Neun von zehn weltweit agierenden Konzernen haben mindestens eine Tochterfirma in Steueroasen. Durch die Steuervermeidung von Unternehmen gehen Entwicklungsländern jährlich mindestens 100 Milliarden US-Dollar an Steuereinnahmen verloren. Reiche Einzelpersonen halten in Steueroasen rund 7,6 Billionen US-Dollar versteckt – unversteuert. Multinationale Konzerne und viele reiche Einzelpersonen entziehen sich damit ihrer gesellschaftlichen Verantwortung.«

Hier und bei der Erbschaftssteuer gibt es ein ungeheures Potenzial, den Reichtum gerechter zu verteilen – und damit unter anderem die Mangelverwaltung zu beenden, zu der Kommunen wie Reutlingen gezwungen sind.

Rüdiger Weckmann, Stadtrat Linke Liste, Reutlingen
Leserbrief im Reutlionger GEA vom 25.11.2023

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